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Prokura und Handlungsvollmacht: Was ist der Unterschied?

In Unternehmen ist es oft notwendig, dass nicht nur der Geschäftsführer oder Inhaber Entscheidungen trifft, sondern auch andere Personen mit bestimmten Befugnissen ausgestattet werden. Hier kommen Vollmachten ins Spiel. Doch nicht jede Vollmacht ist gleich: Während die Prokura eine weitreichende, gesetzlich geregelte Vertretungsmacht darstellt, ist die Handlungsvollmacht eine eingeschränkte, individuell anpassbare Befugnis. Doch welche Unterschiede bestehen genau, und wann ist welche Vollmacht sinnvoll?


Definition und rechtliche Grundlagen

Prokura und Handlungsvollmacht sind zwei gängige Formen der Bevollmächtigung im deutschen Handelsrecht. Beide basieren auf den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs (HGB), unterscheiden sich jedoch in ihrem Umfang und den damit verbundenen Rechten und Pflichten.

  • Prokura (§§ 48–53 HGB): Eine umfassende handelsrechtliche Vollmacht, die vom Geschäftsinhaber ausdrücklich erteilt und ins Handelsregister eingetragen werden muss.
  • Handlungsvollmacht (§ 54 HGB): Eine eingeschränkte Vertretungsmacht, die sich auf bestimmte Geschäfte oder Bereiche beschränkt und keiner Eintragung ins Handelsregister bedarf.

Überblick über Vollmachtsarten – Mit Praxisbeispielen

Neben Prokura und Handlungsvollmacht gibt es noch weitere Vollmachtsformen:

  • Generalvollmacht: Eine weitreichende Vollmacht, die eine Person nahezu uneingeschränkt zur Vertretung eines Unternehmens berechtigt.
  • Einzelvollmacht: Eine auf ein bestimmtes Geschäft oder eine einmalige Handlung begrenzte Vollmacht.

Praxisbeispiele:

  • Ein Prokurist eines Handelsunternehmens kann selbstständig Verträge mit Lieferanten abschließen.
  • Ein Handlungsbevollmächtigter in einer Marketingabteilung darf Budgetfreigaben bis zu einer festgelegten Grenze erteilen.
  • Eine Einzelvollmacht wird erteilt, um einem Mitarbeiter den Kauf eines Firmenfahrzeugs zu ermöglichen.

Prokura: Umfang, Arten und Erteilung

Die Prokura ist eine der umfangreichsten Vollmachten im Handelsrecht. Sie ermöglicht es dem Bevollmächtigten, nahezu alle gewöhnlichen und außergewöhnlichen Handelsgeschäfte im Namen des Unternehmens durchzuführen – mit wenigen gesetzlichen Einschränkungen.

Arten der Prokura:

  1. Einzelprokura – Eine Person darf das Unternehmen allein vertreten.
  2. Gesamtprokura – Zwei oder mehr Prokuristen müssen gemeinsam handeln.
  3. Filialprokura – Die Vollmacht ist auf eine bestimmte Niederlassung beschränkt.

Handlungsvollmacht: Typen und Befugnisse

Ein Geschäftsführer unterzeichnet eine Prokura-Vollmacht in einem modernen Büro. Das Dokument liegt auf einem Holztisch, während ein Kugelschreiber über das Papier gleitet.

Die Handlungsvollmacht ist flexibler als die Prokura und kann individuell angepasst werden. Es gibt verschiedene Formen:

  • Allgemeine Handlungsvollmacht – Berechtigt zur Erledigung aller üblichen Geschäfte eines Unternehmensbereichs.
  • Artvollmacht – Gilt für eine bestimmte Art von Geschäften (z. B. Vertragsabschlüsse im Einkauf).
  • Einzelhandlungsvollmacht – Erlaubt eine einmalige Handlung oder einen speziellen Geschäftsabschluss.

Beispiel: Ein Verkaufsleiter erhält eine Artvollmacht, um Rabatte und Sonderkonditionen bis zu einer bestimmten Grenze eigenständig zu bewilligen.


Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Erteilung der Prokura

Die Prokura muss ausdrücklich erteilt werden und folgt einem klaren Ablauf:

  1. Interne Entscheidung – Geschäftsleitung entscheidet, wer Prokura erhalten soll.
  2. Erklärung der Erteilung – Schriftliche oder mündliche Erteilung durch den Geschäftsinhaber.
  3. Eintragung ins Handelsregister – Pflicht zur Veröffentlichung (§ 53 HGB).
  4. Kommunikation im Unternehmen – Information an Mitarbeiter und Geschäftspartner.

Im Gegensatz dazu benötigt die Handlungsvollmacht keine Eintragung und kann formlos erteilt werden.


Die zentralen Unterschiede zwischen Prokura und Handlungsvollmacht

MerkmalProkuraHandlungsvollmacht
Rechtsgrundlage§ 48–53 HGB§ 54 HGB
ErteilungAusdrücklich durch den GeschäftsinhaberFormlos möglich
Eintragung ins HRJaNein
UmfangUmfassende GeschäftsführungEingeschränkt auf Teilbereiche
KündigungJederzeit widerrufbarJederzeit widerrufbar

Haftung und Risiken für Unternehmen

Sowohl die Prokura als auch die Handlungsvollmacht bergen Haftungsrisiken:

  • Prokuristen haften für rechtswidrige oder fahrlässige Entscheidungen, wenn sie ihre Befugnisse überschreiten.
  • Handlungsbevollmächtigte müssen sich strikt an die ihnen erteilten Befugnisse halten, andernfalls kann das Unternehmen Schadensersatzansprüche geltend machen.

Praxisbeispiel: Ein Prokurist schließt einen unvorteilhaften Großvertrag ab – das Unternehmen haftet, kann aber Regressansprüche geltend machen.


Welche Vollmacht ist die richtige?

Drei Führungskräfte sitzen in einem modernen Konferenzraum und besprechen die Erteilung einer Vollmacht. Dokumente liegen auf dem Tisch, während einer der Manager spricht.

Die Wahl der richtigen Vollmacht hängt von den Unternehmensanforderungen ab:

  • Prokura eignet sich für: Vertrauenswürdige Führungskräfte mit weitreichenden Entscheidungsbefugnissen.
  • Handlungsvollmacht ist sinnvoll für: Mitarbeiter, die nur in bestimmten Bereichen Entscheidungen treffen sollen.

Wann welche Vollmacht sinnvoll ist

Prokura und Handlungsvollmacht sind zentrale Instrumente für die Unternehmensführung. Während die Prokura weitreichende Befugnisse mit gesetzlichen Rahmenbedingungen bietet, ist die Handlungsvollmacht flexibler und auf spezielle Tätigkeiten zugeschnitten. Unternehmen sollten die Vergabe genau prüfen, Haftungsrisiken minimieren und klare interne Regelungen treffen.

👉 Mehr zur Unternehmensführung und Qualitätsmanagement: So funktioniert gutes Qualitätsmanagement – Ein Leitfaden für Unternehmen

👉 Detaillierte Infos zur Prokura im HGB: Gesetzestext zu § 48–53 HGB (Gesetze-im-Internet.de)

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